Auf ein Wort: Immobilienmärkte in Deutschland

Immobilienmärkte Deutschland

Rainer Sturm / pixelio.de

Die Immobilienwirtschaft ist seit einiger Zeit in unserer High – Speed – Gesellschaft angekommen. Alte Weisheiten, wie „Immobilien sind eine sichere Kapitalanlage“ oder die „Immobilienpreise steigen langfristig immer“ sind mittlerweile unter der Kategorie „Alter Hut“ zu beerdigen. Trends kommen und gehen schneller, als noch vor einigen Jahren. Zuerst kam die Landflucht, dann kam die Stadtflucht und jetzt kommt wieder die Landflucht. Die langweilige Büroimmobilie mit drei Großmietern hat kaum Zukunft und die Menge der Shoppingcenter und Verkaufsflächen nimmt trotz der zweiten New – Economy – Welle, mit wachsenden Internet – Umsätzen, stetig zu. Zwischen diesen Spannungsfeldern bewegt sich der Immobiliensachverständige u. a. mit der Bewertung von Immobilien mit zunehmender Geschwindigkeit. Das Bild des Immobiliengutachters, der gemütlich in seinem Lehnstuhl sitzend, über seinen Zahlenreihen brütet, hat ausgedient. Es gibt zunehmend Immobiliengutachter, die an allen möglichen Orten, an denen sie sich gerade befinden, und auch in Linienflugzeugen arbeiten müssen, mit zunehmender Tendenz. Auch der Immobiliensachverständige ist in der High – Speed – Gesellschaft angekommen.

Interessanterweise spielten in der Vergangenheit traditionelle „Häuslebesitzer“ – Vorstellungen in die Überlegungen institutioneller und kommerzieller Immobilieneigner (auch deren Finanziers) insofern hinein, als das man annahm, mit einer Immobilie sei per se ein erheblicher Wert verbunden (Sachwert). Dies ist natürlich nicht verwunderlich, da das „eigene Heim“ auch für Akteure professioneller Immobilienmarktteilnehmer u. a. eine emotionale, also unter Umständen eine etwas subjektive Wertigkeit besaß. Hinzu kommt, dass besonders der deutsche Immobilienmarkt viele Jahrzehnte von einer besonderen Preisstabilität geprägt war und man sich daran gewöhnt hatte, dass Grundstücke größere Vermögenswerte bildeten.

Das Wesen einer Immobilie unterschied sich von anderen Wirtschaftsgütern besonders durch den, für den Betriebswirtschaftler hin und wieder befremdlichen und etwas abstrakt wirkenden Umstand, dass im Boden ein nie vergehender Wert stecken könne, der zeitlich unbegrenzt Rendite produziert, der nie verschleißt oder abgeschrieben werden muss. Als Immobilienwirtschaftler ist es manchmal schwer, dem Gedanken zu widerstehen, den Grund- und Boden für eine begrenzte Ressource zu halten und in dessen Folge eine künftige Verknappung anzunehmen, was natürlich zu Preissteigerungen oder zumindest zu einer Preisstabilität führen muss. Sowohl die ewige Werthaltigkeit des Bodens als auch die Verknappungstheorie sind heute natürlich sehr fragwürdig und werden vom Marktgeschehen ad absurdum geführt. Immobilien sind Wirtschaftsgüter, wie andere mobile Sachanlage auch. Immobilien verlieren also ebenso Ihren Wert, wenn die Nachfrage nachlässt und ein Überangebot vorhanden ist. Bürovermieter deutscher Metropolen können ein Lied davon singen. Diese sehnen sich nach den Märkten Shanghais oder Kuala Lumpurs, in denen sich derzeit die Büromieten im Monatsrhythmus verdoppeln.

Die Eigentumswohnung: Das wohl ambivalenteste Immobilienvermögen ist Teileigentum an Grundstücken.

Schmerzlich denken sicherlich viele Kapitalanleger der 90-er Jahre an die heute realisierbaren Wertverluste Ihres 27 m² – Studentenapartments. Eigennutzer, die Ihre Wohnung wegen veränderter Familienverhältnisse oder der eigenen gewachsenen beruflichen Flexibilität schon längst verlassen haben, finden sich in der Rolle des Vermieters wieder, da der einstmals bezahlte Kaufpreis am Markt seit Jahren nicht mehr realisierbar ist. Die Eigentumswohnung befindet sich in einem eigenen Konjunkturzyklus in Verbindung mit der Wechselwirkung zwischen der Gesamtkonjunktur und dem zunehmenden Trend der Landflucht. Man kann sagen, dass es in den Neunziger Jahren eine gewisse Eigentumswohnungsblase gab, die durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten und tiefe Zinsen angeheizt wurde. Der Geschosswohnungsbau blühte künstlich auf und schaffte das heute in vielen Städten aber gerade auch in ländlichen Gegenden sichtbare Überangebot. An diesem Beispiel ist gut erkennbar, wie problematisch staatliche, speziell auch zyklische Markteingriffe zu betrachten sind.

Die Stadtfluchtwelle der 80-er Jahre schwappt nun mit dauerhafter Tendenz in die Städte zurück, da die Urbanität und Bequemlichkeit der Städte deren Attraktivität ausmacht. Die Kinder der „Flüchtlinge“ sind mittlerweile erwachsen geworden und wollen in die große weite Welt und nicht auf dem Land „versauern“. Die zurückgebliebenen und oder geschiedenen Eltern folgen Ihren Kindern häufig mit der gleichen Motivation nach. Der weltweite Trend zu ständig wachsenden Megametropolen (Mexiko City, Sao Paulo, Mumbai, Tokio etc.) wurde in Europa weitgehend durch den recht flächendeckenden Wohlstand der Bevölkerung und die erhebliche Automobilisierung verzögert. In Schwellenländern ist das Auskommen in ländlichen Regionen in der Regel unmöglich, da keine ausreichenden Strukturen oder prosperierende Wirtschaftsbereiche vorhanden sind. In Deutschland ist im ländlichen und kleinstädtischen Bereich ein gewisser Rückgang von kleinen und mittleren Traditionsunternehmen zu beobachten. Strukturelle Schwächen werden dadurch verstärkt. Die Attraktivität des ländlichen und kleinstädtischen Bereiches als Wohnumfeld nimmt ab. Es werden zunehmend weniger Menschen in diesen Bereichen Ihr Auskommen finden. Mit Blick auf die Benzinpreisentwicklung bleibt fraglich, ob die flächige Zersiedelung und damit die teilweise erheblichen finanziellen Belastungen von Pendlern in Zukunft von diesen Menschen kompensiert werden können.

Es wird, mit Blick auf oben genannte Überlegungen i. V. m. der zunehmenden Attraktivität durch die noch wachsende Urbanität und Kompaktheit dieser Großstadtkörper, zur verstärkten Konzentration der Bevölkerung in und um diese Städte kommen. Bereits heute kann beobachtet werden, dass die statistischen Bevölkerungszahlen in Kleinstädten und ländlichen Gemeinden flächendeckend abnehmen und in Metropolen wachsen. Diese Tendenzen sind am Immobilienmarkt ebenfalls jetzt bereits spürbar. Dies spiegelt sich beispielhaft bei der Entwicklung der Wohnungsmieten wieder. Die Wohnungsmieten steigen in Großstädten, trotz relativer Konjunkturflaute und geringster Preissteigerungsraten an, wogegen im ländlichen und kleinstädtischen Bereich nennenswerte Mietsteigerungen kaum spürbar sind. Ganz im Gegenteil gibt es einen Reihe von Städten, die teilweise durchaus mehr als 100.000 Einwohner haben, in denen es Probleme bereitet, innerhalb von 6 bis 9 Monaten eine Wohnung zu ortsüblichen Marktpreisen zu vermieten. Die großstädtische Eigentumswohnung steht also vor einer Renaissance. Großen Eigentumswohnungen, mit mehr als 80 m² Wohnfläche und einem nutzbaren und auskömmlichen Balkon, gehört also die Zukunft dieses Immobilienmarktbereiches. Im ländlichen und kleinstädtischen Bereich wird die Bedeutung des Geschosswohnungsbaus langfristig nicht mehr zunehmen bzw. tendenziell eher abnehmen.

Der Markt des individuellen Wohneigentums (Einfamilienhäuser)

Dies ist sozusagen der Markt der Eigennutzer und damit der emotionalste und intransparenteste. Verkäufer neigen naturgemäß dazu, von Ihrem Häuschen etwas mehr zu halten, als der Markt. Kaufinteressenten erinnern sich häufig an den Basar aus Ihrem letzten Mittelmeerurlaub und halten die Verhandelbarkeit des Kaufpreises für ein ewig dehnbares Gummiband. Für die Findung von Käufer und Verkäufer mit Ihrer jeweiligen Preisvorstellung bedarf es häufig eines Mediators in Form eines Immobilienmaklers. Grundsätzlich gelten auch hier die Einlassungen zum Thema: Landflucht und Bevölkerungskonzentration in den Ballungsräumen von Metropolen aus dem Abschnitt „Eigentumswohnungen“. Einfamilienhäuser können regelmäßig zu hohen und steigenden Preisen in guten Lagen von Großstädten gehandelt werden. Dagegen ist es schwierig im ländlichen und kleinstädtischen Bereich die Sachwerte umzusetzen. Dies bedeutet, wenn man heute dort zu Marktpreisen ein baureifes Grundstück erwirbt und ein Standardeinfamilienhaus errichtet, wird es in der Regel kaum möglich sein, diese Kosten durch einen Verkauf wieder hereinzuholen.

Bei Einfamilienhäusern nimmt die Transaktionshäufigkeit seit einigen Jahren stetig zu, da die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes in Verbindung mit den Mobilitätsgrenzen viele zum Umzug in eine andere Stadt oder Region zwingt. Gleichzeitig ist die Vererbungswelle noch in vollem Gange. Erben von großen Vermögenswerten sind, statistisch ermittelt, meist selbst vermögend und wohnen in Immobilieneigentum, sodass zusätzliche Immobilien nicht gebraucht werden und damit am Markt platziert werden müssen. Der Trend zur Versingelung mit Blick auf die hohen deutschen Scheidungsraten verstärken den Druck auf diesen Markt, da viele Einfamilienhäuser mindestens zu zweit finanziert wurden und diese Finanzierung auch nur zu zweit bezahlbar ist. D.h., kommt es zur Trennung, muss das Haus in der Regel verkauft werden. Auch hier ist fraglich, ob die hohe Pendlermenge der im ländlichen Bereich angesiedelten Menschen die hohen und vermutlich noch weiter steigenden Kosten des Individualverkehrs tolerieren wird. Durch den jüngst weggefallenen Steuerzuschuss für Pendler (Pendlerpauschale) wird der Bewegungsradius dieser Bevölkerungsgruppe zunehmend enger, was wiederum Konzentrationsbewegungen begünstigt. Auch bei Standard – Einfamilienhäusern einschließlich Doppelhäusern und Reihenhäusern gilt, in integrierten Lagen von Verdichtungsräumen und Metropolen werden die Preise, speziell durch die hier tatsächlich eintretende Grundstücksverknappung, anziehen. In ländlichen und kleinstädtischen Bereichen kommt es zu Preisstagnationen und langfristig zu Preisrückgängen.

Der Markt von Mehrfamilienhäusern und Wohn- und Geschäftshäusern

„Der klassische Geschosswohnungsbau ist tot“ hört man in vielen Fluren. Dennoch ist er in städtischen Bereichen nach wie vor bei Wohnimmobilien dominierend. Trotz einer momentanen Zyklusdelle speziell in diesem Marktsegment ist der Geschosswohnungsbau nicht nur zukunftsfähig, sondern die effizienteste Möglichkeit um in großstädtischen Verdichtungsräumen zu wohnen. Besonders Objekte in der zweiten Reihe oder in eher durchgrünten Bereichen und in offener Bauweise errichtete Gebäude werden künftig leicht Ihre Abnehmer finden. Gewisse Teilbereiche dieses Marktes sind allerdings problembehaftet. Im Altbaubereich liegen die Erdgeschosse heute häufig in Augenhöhe der Passanten, was im Allgemeinen als störend und sicherheitsrelevant empfunden wird. Diese Wohnungen sind meist weniger belichtungsfähig, Balkone sind durch die geringe Höhe nur eingeschränkt nutzbar. Als diese Gebäude errichtet wurden, war von der heutigen Mobilität, dem entsprechenden Verkehrsaufkommen und den heutigen Wohnansprüchen der Mehrheit der Bevölkerung keine Rede. Betreiber solcher Immobilien sehen sich zunehmend vor dem Problem der Vermietbarkeit solcher Wohnungen. Auch als Ladenlokal gebaute Erdgeschosse stehen häufig leer, da die Konsumentenströme durch deren Mobilität konzentriert wurden oder teilweise in andere Einzelhandelssegmente (Versandhandel, Internethandel usw.) abgewandert sind. Mit Blick auf diesen Sachverhalt lassen sich Baulücken für derartige Gebäude in innerstädtischen Bereichen, besonders in Straßenzügen mit hohem Verkehrsaufkommen, welche nicht als ausgewiesene Bürostandorte bekannt sind oder ein Unterzentrum darstellen, immer schlechter verkaufen. Der Geschosswohnungsneubau zieht sich daher vornehmlich in Siedlungsbereiche zurück, die als reine und bevorzugte Wohngebiete bekannt sind. Hierbei gehört der offenen Bauweise mit großzügigen Gebäudeensembles die Zukunft.

Wohn- und Geschäftshäuser scheinen derzeit zwischen den Stühlen zu stehen. Einerseits gibt es einen Trend zur Konzentration und schärferen Trennung diverser Immobiliennutzungen, bspw. die Diversifizierung in Businesscenter, Shoppingcenter, Gewerbeparks und bspw. reinen Wohngebieten für bestimmte Altersgruppen (Wohnanlagen für „Altengrechtes Wohnen“). Anderseits hat die langweilige Büroimmobilie mit drei Hauptmietern ausgedient, da deren Nutzer sich weggeschlossen fühlen, keinerlei Synergieeffekte eines Businesscenters kennen und auch sonst dem Gefühl eines leblosen Baukörpers unterliegen. Die Zukunft gehört dem großen Wohn- und Geschäftshaus. Menschen werden es künftig als bequem und anstrebenswert empfinden, in einem Gebäude zu arbeiten, zu konsumieren, Sport zu treiben und zu wohnen und sich einfach wohl zu fühlen. Der frühindustrielle Effekt der Trennung von Arbeitswelt und der sonstigen Welt wird sich endgültig auflösen. Die Vorteile liegen auf der Hand. Man entzieht sich den obligatorischen Arbeitswegen mit Staus, überfüllten U-Bahnen und spart entsprechend Zeit. Der Wohlfühleffekt wächst durch die Vertrautheit und Kontinuität der Umwelt. Die künftig weit stärkere finanzielle Belastung des Individualverkehrs zeigt ebenfalls in diese Richtung. Eine integrierte Gebäudelösung mit Bereichen für Wellness, Sport, Büros, Wohnen und Einkaufsbereichen in Verbindung mit geringsten Informationsbeschaffungskosten und schnellsten Kommunikationswegen (Internet usw.) ist die Antwort auf viele Unbequemlichkeiten von Heute.

Insofern wird der Immobilienmarkt in der Zukunft weit stärker von solchen dienstleistungsorientierten Allroundsystemen, deren Urvater das klassische Wohn- und Geschäftshaus ist, geprägt sein.

Der Büroflächenmarkt

Die heutigen Denkfabriken, welche die Skylines der wichtigen Metropolen dominieren, stehen vor einem systematischen Wandel. Die letzten Jahre haben bereits Wandlungsbewegungen erkennen lassen, indem die Flächenflexibilität zunahm und vermehrt der Mix der Mieterschaft nach konzeptionellen Überlegungen zusammengestellt wurde, um Synergieeffekte sowohl unter den Mietern und für die Mieter zu erzeugen als auch die Attraktivität des Standortes für Synergiesucher zu erhöhen. Viele so genannte Businesscenter, die genau dieses kleinteilige, synergiebetonte Flexibilitätskonzept verfolgen, unterstreichen diese Entwicklung. Backoffice – Anbieter wie Regus oder Pedus – Office u.v.m. antworten noch weitergehend auf diese Bedürfnisse des Marktes mit absoluter Flexibilität der Bürofläche und bieten zudem einen vollfunktionsfähigen Bürobetrieb auf Zeit. Auf dem deutschen Büroflächenmarkt drücken trotz insgesamt steigenden Flächenumsätzen die teilweise erheblichen Leerstände auf die Stimmung der Projektentwickler und Fondmanager. Die Märkte antworten mit Mietpreisen, welche man als konsolidiert bezeichnen kann. Die Leerstände werden langfristig noch steigen, da die Bürofläche als Arbeitsort, im volkswirtschaftlichen Kontext, an Bedeutung verliert. Der Bereich der Sale – and Lease – Back – Immobilien wirkt diesem Tendenz etwas entgegen, da das Kapital vom Markt geholt wird, welches sonst den Büroflächenmarkt zusätzlich durch Investitionen in neue Büro – Immobilien belasten würde. Die zunehmende Mobilität gerade auch der Bürokommunikation in Verbindung mit der weiter verzweigenden Arbeitsteilung und Globalisierung der Wirtschaft begünstigt diese Entwicklung. Hier werden die Marktteilnehmer über kurz oder lang gezwungen, mit integrierten Gebäudekonzepten, wie bereits im Abschnitt „Wohn- und Geschäftshäuser“ beschrieben, umzusteuern. Gerade bei größeren Objekten ist die Substanz meist sehr gut geeignet, Mischlösungen zu etablieren.

Der Markt der Einzelhandelsflächen

Das Shoppingcenter ist die Geheimwaffe jedes Projektentwicklers, mit der sich die Frage beantworten lässt, ob die deutsche Kaufkraft nach noch mehr Einzelhandelsflächen verlangt. Die jährliche Zunahme dieser an den Markt geworfenen Shoppingcenter beantwortet die Frage seit Jahren mit „ja“. Das Shoppingcenter macht vor, was für den Bereich der „Wohn- und Geschäftshäuser“ noch bevorsteht und bereits weiter oben beschrieben wurde, nämlich die Schaffung eines integrierten Gebäudekonzeptes, welches die interne Urbanität und Bequemlichkeit durch Kompaktheit, Bündelung und bewusste Führung der Konsumentenströme erzeugt. Das Konzept funktioniert im Übrigen sowohl in einschlägigen Fußgängerzonen als auch in städtischen Randbereichen. Die Art und Größe der Mieter (meist große Filialisten) unterscheidet sich natürlich in beiden Centerregionen erheblich. Eine Unterart stellen die so genannten Fachmarktzentren dar, die Ihre Anziehungskraft durch die thematische Spezialisierung erreichen können. Das Shoppingcenter ist also der Gewinner der letzten Jahre in diesem Immobilienmarktbereich. Es verdrängt Zusehens große Kaufhäuser und Einzelstandorte in Nebenlagen.

Vereinzelte Ladenlokale, die früher noch den berühmten „Tante Emma“ – Laden oder die Backstube des örtlichen Bäckers um die Ecke beherbergten und heute Änderungsschneider und Versicherungsbüros als Nachnutzer gefunden haben, sind die Verlierer und werden weiter zurückgedrängt. Konsumenten konzentrieren sich weiter in mit erheblicher Anziehungskraft verbundenen Centersystemen. Weiterhin seine Berechtigung hat die klassische innerstädtische Fußgängerzone, die dem Grunde nach, wie ein Shoppingcenter oder eine dachlose Shoppingmall funktioniert. Die oben beschriebenen Mechanismen gelten hier ebenso und führen weiterhin in verdichteten 1a – Lagen zu steigenden Mietpreisen. In vielen Städten drängen sich die namhaften Filialisten geradezu um die wenigen Ladenvermieter. Problematisch in diesem Zusammenhang sind die häufig zu kleinen Ladenflächen für Filialisten, da diese heute mehr Präsentationsraum benötigen. In vielen historischen Stadtkernen ist es allerdings meist sehr schwierig, denkmalgeschützte Objekte behutsam zu erweitern, sodass ein permanenter Flächenmangel herrscht. Die Attraktivität dieser Einkaufsstraßen wird dadurch aber nicht erhöht, da viele Filialisten fehlen, was die Anziehungskraft verringert. Ein anschauliches Beispiel ist der eher unhistorische Fußgängerbereich der Domstadt Köln, indem sich Anbieter von hochwertigen Einzelhandelsflächen hervorragend aufstellen konnten. Die Nachfrager solcher Flächen konnten in der Vergangenheit befriedigt werden, was die Attraktivität des Bereiches um die Schildergasse und Co. erhöhte, da die Auswahl für den Konsumenten sehr hoch und damit sehr interessant ist. Mittlerweile ist natürlich wieder eine Verknappung der Flächen eingetreten. Die Mietzinsen in der Kölner Fußgängerzone zählen zu den absoluten Spitzenmieten in Deutschland.

Die Lage in kleineren Städten und im ländlichen Bereich ist vergleichsweise bedauerlich. Speziell in kleineren Städten (unter 100.000 Einwohner) sind die Einzelhändler der Fußgängerzonen auf dem Rückzug. Speziell an den Rändern dieser Straßen sind zunehmend häufig wechselnde „Ramsch“ – Läden oder Leerstände vorzufinden. Mit einem einzigen Gewerbegebiet haben diese Städte häufig in der Vergangenheit der florierenden und lebendigen Innenstadt den Gar ausgemacht. Die Ladenmieten sind vergleichsweise gering und weiter im Sinken begriffen.

Spezialimmobilien: vom Bauernhof über den Golfplatz bis zum Flughafengelände

Spezialimmobilien sind nach Marktgesichtspunkten häufig schwer einzuordnen, da es keinen hinreichenden Markt gibt um Marktdaten entsprechend ableiten zu können. Die Transaktionshäufigkeit mancher dieser Objekte ist für eine ausreichende Transparenz und sichere Statistik zu gering. Viele dieser Immobilien sind Problemfälle, einige erlebten eine gewisse Renaissance, wie bspw. im Außenbereich angesiedelte Bauernhöfe, welche in den letzten Jahren häufig zu alternativen Wohnobjekten oder Reitererlebnishöfen u. ä. revitalisiert wurden, andere werden konzeptionell an den Markt herangeführt wie bspw. zu Shoppingmalls umgerüstete „Wohlfühl“ – Bahnhöfe. Die Bahn verfolgt hier das klassische Projektentwicklungsgeschäft, indem sie Empfangsbereiche von den wachsenden Shoppingbereichen auch eigentumsrechtlich abgekoppelt und als separate Centerimmobilien handelbar macht.

Die überlall aus dem Boden gewachsenen Golfplätze sind vermutlich eine Modeerscheinung, deren Markt mittlerweile gesättigt scheint. Ob diese Anlagen künftig Ihren Erfolg und damit den über dem üblichen Ackerlandpreis liegenden Bodewert behalten können, bleibt fraglich.

Hotelimmobilien sind sehr differenziert zu betrachten. Es gibt viele Hotels, die mit einer Auslastung von 40% bereits den Break Even Point erreicht haben und andere sind regelmäßig ausgebucht und werden nie Rendite erzielen, da sie schlicht zu teuer gekauft wurden, wie bspw. das Hotel „Adlon“ in Berlin. Hier wird wohl erst der dritte oder vierte Verpächter tatsächlich betriebswirtschaftlich agieren können. Der Städtetourismus und das Messegeschäft zählen zu den wichtigsten Umsatzmotoren der Hotelbetreiber. In den letzten Jahren hat speziell der Städtetourismus zugelegt. Dieser Trend ist anhaltend. Stärker in den Vordergrund getreten sind jüngst so genannte Wellness – Hotels meist in ländlichen und recht idyllischen Lagen, die auch mit mehrtägigen Pauschalangeboten locken. Ob dies ein Modetrend ist, der mittelfristig wieder nachlässt, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich kann man sagen, dass gut positionierte innerstädtische Hotelimmobilien künftig Ihren Markt haben werden. Auch gut eingeführte Wellness – Hotels haben Ihren Markt, wobei der Immobiliensachverständige bedenken wird, dass das Potential dieser Objekte meist erst durch die Betreiber erzeugt wird. Ziehen sich solche erfolgreichen Betreiber zurück, können diese Objekte u. U. in kürzester Zeit marode werden.

Zu den Problemfällen zählen Industriegrundstücke, die in den seltensten Fällen in brauchbaren Wohnlagen liegen, was Loftentwickler dazu bewegen könnte, über den Kauf nachzudenken. In der Regel befinden sich diese Objekte auch nicht in bevorzugten Bürolagen, was Investitionen in hochwertige Büroflächen lohnen würde. Häufig sind dies Liquidationsobjekte, deren Liquidationswert kaum der Rede wert ist, da die Abbruchkosten derartiger recht dicht und umfangreich bebauter Grundstücke im Verhältnis zum Bodenwert sehr hoch sind. Viele dieser Objekte kursieren mit meist symbolischen Preisen am Markt. Eine Rückkehr zur reinen Industriegesellschaft kann kaum erwartet werden, was diesen Grundstücken heute kaum Potential verleiht. Dies bedeutet natürlich nicht, dass es keine positiven Beispiele mit intelligenten Nutzerkonzepten gibt, die durchaus erfolgreich sind. Die erfolgreichen Klassiker in diesem Segment sind wohl Veranstaltungskonzepte oder Großdiskotheken.

Letztendlich gibt es eine Reihe von Spezialimmobilien, die architektonisch und konzeptionell an ein bestimmtes Nutzungsmodell gebunden sind. Dies bedeutet in der Regel, wird diese Nutzungsform nicht mehr nachgefragt, ist auch die Immobilie obsolet, da diese für nichts anderes brauchbar ist. Anschauliche Beispiele sind regelmäßig in Randlagen liegende Flughäfen oder im Außenbereich liegende Müllverbrennungsanlagen etc. Im Grunde sind diese Immobilien kaum handelbar, da ein Immobiliennutzen mit dem Betreiber und seinem Markt steht und fällt. Gibt dieser den Betrieb auf, weil sein Markt zu schwach geworden ist, ist der Wert solcher Immobilien in der Regel ebenso verloren. Das der Flugverkehr und die Müllbeseitigung derzeit boomende Wirtschaftszweige sind, ist ein anderes Thema.

Resümee

Schaut man auf vorgenannte Einlassungen, wird deutlich, dass ein Immobiliengutachter neben seinen praktischen und mathematischen Werkzeugen auch die Märkte, die Teilmärkte und Markttendenzen diversifizieren können muss. Hierzu gehört ein hohes volkwirtschaftliches und betriebswirtschaftliches Verständnis. Der Sachverständige muss Marktmechanismen und Abhängigkeiten verschiedener Märkte untereinander erkennen und im Kontext zur jeweils konjunkturellen Situationen verstehen. Gerade für den Bereich der Spezialimmobilien muss ein Immobiliensachverständiger sich auch konzeptionell in Immobilienprojektentwickler hineindenken können, da meist alternative Nutzungskonzepte die Immobilienwerte der Zukunft bestimmen werden. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Immobilienwirtschaft insgesamt viele, wenngleich spannende, aber grundsätzlich wenig transparente und komplexe Aufgabenstellungen für alle Beteiligten bereit hält. Der Immobiliengutachter verfügt zweifellos über die geeignetsten Mittel, um Immobilien für Jedermann durchschaubar, transparent und finanzierbar zu machen. In Verbindung mit den Ratingsystemen (Basel II) der Banken und den international harmonisierenden Bilanzierungsvorschriften gem. den International Financial Reporting Standards (IFRS) ist der Immobiliengutachter mehr denn je gefordert.

Matthias Kirchner, im Januar 2006